Dieser Text ist publiziert in: Kroeger, Odin, Günther Friesinger, Paul Lohberger, Eberhard Ortland und Thomas Ballhausen, Hg. Geistiges Eigentum und Originalität: Zur Politik der Wissens- und Kulturproduktion. Wien: Turia + Kant, 2011, s. 19-32.
Abstract: Employing concepts developed by Gabriel Tarde and Bruno Latour, this article investigates at how a new function of the author is being defined in digital media. What is found to emerge is a practical alternative to the dichotomy between notions of possessive individualism (underlying copyright law) and simplified notions of the death of the author. Here, authorship functions less as a means to establish rigid ownership and control, but serves more as a dynamic system of accountability and reputation building capable of structuring open, collaborative processes.
Einleitung
Vor nunmehr 40 Jahren verkündete Roland Barthes den „Tod des Autors“ (vgl. Barthes, 1969/2000). Was zu diesem Zeitpunkt eine notwendige Abkehr einer durch den Anglo-Amerikanischen „new criticism“ bereits überholten aber in Frankreich immer noch bestimmenden Form der Autor-zentrierten Literaturkritik war, ist bald zu einem Cliché und damit zu einer Sackgasse verkommen. Vor die Wahl gestellt zwischen einer konventionellen Ausprägung der Autorschaft – Cartesianisches Ego übersetzt in bürgerliche Subjektivität untermauert durch das Urheberrecht – und einer diffundierten Autorschaft – aufgegangen im „Murmeln des Diskurses“ wie es Michel Foucault ausdrückte (vgl. 1972/1991) – erfreute sich die erstere in der Praxis einer hartnäckigen Beliebtheit. Dazu trugen auch die Kulturindustrie und der Kunstmarkt bei, deren ideologischen Kern eine übersteigerte Autorschaft ausmacht, die sie aus nachvollziehbarem Eigeninteresse bis heute mit großem Nachdruck propagieren. Die theoretische Dekonstruktion hingegen ging zum einem kaum über die Feststellung der Dezentrierung, Verteilung oder Zerstreuung der Autorschaft hinaus. Zum anderen wurde Praxis des kulturellen Schaffen, die Werke und damit Autoren hervorbringt, lange Zeit nur an den Rändern verändert. Collage, Assemblage und Appropriation als künstlerische Methoden wurden jeweils schnell assimiliert. Explizit anti-autorielle Praktiken blieben politisch und kulturell marginal (vgl. Cramer, 2008), und oftmals verhaftet im widersprüchlichen romantischen Gedanken, wonach das Zurücktreten des Schöpfers zur Steigerung der Erhabenheit des Werkes (und damit, indirekt aber umso wirksamer, des symbolischen Kapitals des Autors) führe.